Wie funktioniert die staatliche Grundrente?
In Deutschland wird die Altersarmut immer mehr zu einem Problem. Mit dem Begriff sind Rentner gemeint, deren Rente so niedrig ist, dass sie davon nicht leben können. Gegenwärtig trifft das auf ca. 16 Prozent aller Rentner zu.
Schon in wenigen Jahren kann dieser Anteil auf mehr als 21 Prozent wachsen. Zwar können Rentner mit geringen Einkünften eine Grundsicherung im Alter beantragen, aber aus Scham oder Unkenntnis nehmen die wenigsten diese Möglichkeit in Anspruch. Stattdessen leiden sie lieber schweigend und versuchen, sich mit Flaschensammeln und Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten.
Die ab Januar 2021 eingeführte Grundrente soll Altersarmut bekämpfen. In diesem Ratgeber haben wir die wichtigsten Informationen leicht verständlich zusammengefasst.
Was ist die Grundrente?
Wer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, zahlt jedes Jahr unter anderem Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Wenn mindestens 35 Jahre lang Beiträge gezahlt wurden, hat der Bürger Anspruch auf eine Altersrente.
Bei vielen Rentnern ist die Altersrente allerdings sehr niedrig und liegt teilweise sogar noch unter dem Niveau von Hartz IV. Das liegt daran, dass sie zwar lange Beitragszeiten vorweisen können, aber aufgrund niedriger Einkommen trotzdem nur wenige Entgeltpunkte ansammeln konnten und daher die Rente sehr niedrig ausfällt.
Genau hier setzt die Grundrente an. Sie stellt einen Zuschlag zur Altersrente dar, der allen Berechtigten gewährt wird. Die Grundrente soll deutlich über der Grundsicherung im Alter liegen. Es handelt sich nicht um eine Sozialleistung.
Das bedeutet, sie muss nicht beantragt werden. Bezugsberechtigte erhalten sie automatisch. Die Deutsche Rentenversicherung arbeitet mit dem Finanzamt zusammen und führt eine Einkommensprüfung durch. Wer eine Grundrente bezieht, wird darüber benachrichtigt.
Die Grundrente wird ab dem 1. Januar 2021 eingeführt. Da das mit einem immensen Aufwand verbunden ist, können derzeit noch keine individuellen Auskünfte erteilt werden. Zuerst kommen die Neurentner an die Reihe, wahrscheinlich ab Juli 2021. Nach und nach erhalten auch die existierenden Rentner eine Grundrente (wenn sie anspruchsberechtigt sind). Angesammelte Beträge ab 1. Januar 2021 werden nachbezahlt.
Was sind die Voraussetzungen für die Grundrente?
Die Grundrente wird als Zuschlag zu allen Arten von gesetzlichen Renten gezahlt:
- Altersrente
- Erwerbsminderungsrente
- Hinterbliebenenrente
- Erziehungsrente
Die Voraussetzung ist, dass mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorliegen. Der Zuschlag wird gestaffelt und erreicht bei 35 Jahren Grundrentenzeiten sein Maximum. Andere Arten von Einkommen wird auf die Grundrente angerechnet. Zu den Grundrentenzeiten zählen folgende:
- Pflichtbeiträge aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung oder Selbstständigkeit
- Pflichtbeitragszeiten aus der Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen
- Leistungen bei Krankheit und Rehabilitation
- Berücksichtigungszeiten aus Kindererziehung und Pflege
- Ersatzzeiten, beispielsweise Kriegsdienst, Kriegsgefangenschaft oder politische Haft in der DDR
Zeiten, die nicht bei den Grundrentenzeiten berücksichtigt werden:
- Bezugszeiten von ALG I und II (Arbeitslosigkeit)
- Schulausbildung
- Zurechnungszeiten
- freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung
Eine Grundrente wird gezahlt, wenn das eigene Einkommen mindestens 30 Prozent des Durchschnittseinkommens aller Versicherten beträgt. Die Rentenversicherung legte dieses Durchschnittseinkommen für 2020 auf 3.379 € (brutto) fest.
Demzufolge erhalten Rentner Grundrente, die mindestens 1.013 € pro Monat verdient haben. Einkünfte unter dieser Grenze werden nicht berücksichtigt. Es gibt keine Mindesthöhe der Grundrente. Der Betrag wird individuell berechnet.
Welche Vorteile hat die Grundrente?
Im Gegensatz zur Grundsicherung im Alter ist die Grundrente keine Sozialleistung, sondern eine Aufstockung des normalen Rentenbetrags. Die Höhe der Grundrente soll deutlich über die der Grundsicherung liegen.
Sie wird durch großzügigere Regelungen beim Wohngeld ergänzt. Die meisten der infrage kommenden Menschen begrüßen die Grundrente. Sie muss nicht extra beantragt werden und eine Bedürfnisprüfung findet nicht statt. Zudem wird die Grundrente auch an Rentner gezahlt, die ihren ständigen Wohnsitz ins Ausland verlegen.
Aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten in Deutschland entscheiden sich immer mehr Rentner für diese Option. Von der Grundrente profitieren vor allem Arbeitnehmer, die viele Jahre lang hart gearbeitet haben, aber nie viel verdient haben.
Welche Nachteile hat die Grundrente?
Eine große Zahl von Arbeitnehmern ist von der Grundrente ausgeschlossen. In erster Linie betrifft das Frauen. Viele von ihnen kommen aufgrund von Kindererziehung nicht auf die mindestens erforderlichen 33 Jahre Grundrentenzeit.
Andere wiederum haben zwar lange Jahre gearbeitet, aber immer nur in Teilzeitjobs unterhalb der Einkommensgrenze von 1.013 €, in Minijobs oder in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Da in diesen Fällen keine Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt wurden, sind diese Personen trotz vieler Arbeitsjahre nicht bezugsberechtigt.
Von technischer Seite aus ist zu erwarten, dass viele Rentenbescheide fehlerhaft sein werden. Es handelt sich schließlich um Daten von mehr als 20 Millionen Personen. Aufgrund der derzeitigen Ausnahmesituation ist da Chaos praktisch vorprogrammiert.
Tipp
Wenn Sie Ihren Rentenbescheid erhalten, lassen Sie ihn von einem Experten überprüfen. Die Deutsche Rentenversicherung hat im ganzen Bundesgebiet ein Netz von ehrenamtlichen Beratern, die das kostenlos erledigen. Da es wahrscheinlich einen Ansturm geben wird, müssen Sie sich jedoch auf Wartezeiten von mehreren Monaten einstellen. Allerdings gehen Ihre Ansprüche auf eine Nachbezahlung nicht verloren.
Wie wirkt sich die Grundrente auf die Wirtschaft aus?
Die Auswirkungen auf die Wirtschaft ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abzuschätzen. Es gibt sowohl positive als auch negative Folgen. Negativ schlägt vor allem zu Buche, dass die Grundrente aus Steuermitteln finanziert wird.
Es ist fraglich, ob und wie lange diese Belastung noch tragbar sein wird. Kurzfristig sind die Steuereinnahmen durch die Pandemie stark eingebrochen. Langfristig werden sie sinken, weil wegen der Alterung der Bevölkerung die Zahl der Beitragszahler immer mehr abnimmt, während die Zahl der Rentenbezieher anwächst.
Auf der anderen Seite muss bedacht werden, dass Bezieher von Grundrente das Geld sicher nicht unter ihrer Matratze verstecken, sondern es ausgeben werden. Das kommt der Wirtschaft zugute. Bereits jetzt entdecken mehr und mehr Unternehmen Senioren als Zielgruppe der Zukunft.
Fazit: Die Grundrente ist eine Verbesserung für viele Rentner
Ab dem 1. Januar 2021 tritt das Gesetz zur Grundrente in Kraft. Es handelt sich um einen Zuschlag zu allen Rentenzahlungen der Deutschen Rentenversicherung. Die Grundrente muss nicht beantragt werden, sondern wird automatisch gezahlt.
Erste Bescheide sind ab Juli 2021 zu erwarten. Menschen, die viele Jahre gearbeitet haben, aber aufgrund geringer Verdienste nur wenig in die Rentenkasse eingezahlt haben, werden am meisten profitieren. Andere mit Teilzeitjobs, Minijobs oder geringfügiger Beschäftigung gehen leer aus.
Insgesamt betrachtet stellt die Grundrente eine Verbesserung der Situation vieler Rentner dar, kann aber das Problem der Altersarmut nicht lösen. Dafür sind mehr Anstrengungen erforderlich. Viele Rentner kommen auch in Zukunft nicht um das Arbeiten im Alter umhin.
Weiterführende Links:
- verdi.de: Aktuelles zur Grundrente
- vorwaerts.de: Die Grundrente: Wem sie hilft und warum sie so wichtig ist
- www.sueddeutsche.de: Altersvorsorge Kommentar
- sueddeutsche.de: Warum die Grundrente so wichtig ist
- tagesspiegel.de: Studie der Bertelsmann Stiftung: Altersarmut in Deutschland droht deutlich zu wachsen