Was macht ein Gerichtsvollzieher? Infos zum Berufsbild

Gerichts­voll­zie­her sind Beam­te im mitt­le­ren und geho­be­nen Dienst. Ihre Arbeit ist für die Betrof­fe­nen zwar unan­ge­nehm, aber gesell­schaft­lich notwendig.

Nach aktu­el­len Stand gibt es in Deutsch­land unge­fähr 4.200 Gerichts­voll­zie­her. Sie haben im Jahr 2017 ins­ge­samt etwa 1,3 Mil­lio­nen Pfän­dun­gen vor­ge­nom­men und die Zwangs­räu­mung von knapp 54.000 Woh­nun­gen in die Wege gelei­tet. Gerichts­voll­zie­her in Deutsch­land sind Beam­te im mitt­le­ren oder geho­be­nen Dienst mit den Besol­dungs­grup­pen A8 – A11. Sie arbei­ten in der Regel selbst­stän­dig und betrei­ben ihre Geschäfts­räu­me auf eige­ne Kos­ten, inklu­si­ve der Büroangestellten.

Gerichts­voll­zie­her gehö­ren zu den soge­nann­ten Orga­nen der Rechts­pfle­ge. Für ihn ist das jewei­li­ge Amts­ge­richt zustän­dig, das eine Gerichts­voll­zie­her-Ver­tei­lungs­stel­le unter­hält. Über die­se Ver­tei­ler­stel­len bekom­men Gerichts­voll­zie­her ihre Auf­trä­ge zuge­wie­sen. Gläu­bi­ger kön­nen sich jedoch auch direkt an den für ihren Bezirk zustän­di­gen Gerichts­voll­zie­her wenden.

Die Arbeit des Gerichts­voll­zie­hers geht auf das mit­tel­al­ter­li­che Eng­land zurück. Dort gab es sei­ner­zeit zwei Arten von Gerichts­voll­zie­hern. Die ers­te Art wur­de vom She­riff ernannt und war als Gerichts­die­ner tätig. Er stell­te Schrei­ben zu, trieb Geld­stra­fen ein und unter­stütz­te den Rich­ter. Die zwei­te Art war ein Ange­stell­ter im Dienst eines Grund­herrn. In die­ser Eigen­schaft trieb der Gerichts­voll­zie­her Mie­ten und Pacht­ge­büh­ren ein und war als eine Art Buch­hal­ter für sei­nen Herrn tätig.

Die Aufgaben eines Gerichtsvollziehers

Im Ver­gleich dazu haben sich die Auf­ga­ben eines Gerichts­voll­zie­hers in der Gegen­wart erheb­lich gewan­delt. Die wich­tigs­te Auf­ga­be des Gerichts­voll­zie­hers ist das Ein­trei­ben titu­lier­ter Geldforderungen.

Das sind aus­ste­hen­de For­de­run­gen, die der Gläu­bi­ger bei Gericht ein­ge­klagt hat und für die er einen Voll­stre­ckungs­ti­tel erwor­ben hat. Mit der Durch­füh­rung der Voll­stre­ckung wird der Gerichts­voll­zie­her beauf­tragt. Im Rah­men ihrer Tätig­keit set­zen Gerichts­voll­zie­her Urtei­le und Beschlüs­se des Gerichts durch.

Das beinhal­tet unter ande­rem die Zustel­lung von Pfän­dungs­be­schei­den und die Durch­füh­rung von Pfän­dun­gen bei den Schuld­nern vor Ort. Zum Beglei­chen von For­de­run­gen orga­ni­sie­ren sie Ver­stei­ge­run­gen beweg­li­cher Sachen des Schuld­ners. Zu ihren wei­te­ren Auf­ga­ben gehö­ren außer­dem die Zwangs­räu­mung von Wohn- oder Geschäfts­räu­men, die Durch­füh­rung gericht­lich ange­ord­ne­ter Kin­des­her­aus­ga­ben und die Zwangs­vor­füh­rung von Zeu­gen zu Gerichtsterminen.

Im Rah­men ihrer Tätig­keit arbei­ten Gerichts­voll­zie­her eng mit der Poli­zei zusam­men. Häu­fig kön­nen sie ihre Arbeit nur mit der Unter­stüt­zung und Siche­rung durch Poli­zei­be­am­ten verrichten.

Voraussetzungen für den Beruf

Gerichts­voll­zie­her ist kein Aus­bil­dungs­be­ruf. Viel­mehr han­delt es sich um eine Wei­ter­bil­dung. Die Tätig­keit ist regle­men­tiert. Vor­aus­set­zung für die Aus­bil­dung ist eine abge­schlos­se­ne Aus­bil­dung zum Beam­ten mit aus­rei­chen­der prak­ti­scher Erfah­rung, bevor­zugt im Jus­tiz­we­sen. Wer bei­spiels­wei­se eine Aus­bil­dung zum Jus­tiz­fach­wirt vor­wei­sen kann, hat deut­li­che Vor­tei­le gegen­über ande­ren Bewerbern.

Ganz all­ge­mein gilt eine bestan­de­ne Prü­fung für den mitt­le­ren Jus­tiz­dienst, kom­bi­niert mit Berufs­er­fah­rung als Zugangs­vor­aus­set­zun­gen. Bewer­ber müs­sen die beam­ten­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen erfül­len und ein Aus­wahl­ver­fah­ren durchlaufen.

Zu den charakterlichen Voraussetzungen gehören:

  • Selbst­stän­di­ge Arbeitsweise
  • Ver­schwie­gen­heit
  • Genau­ig­keit und Zuverlässigkeit
  • Kon­flikt­fä­hig­keit
  • Belast­bar­keit gegen Stress

Ausbildung zum Gerichtsvollzieher

Die Wei­ter­bil­dung dau­ert zwi­schen 1,5 – 2 Jah­re. Vor Beginn der Aus­bil­dung müs­sen Anwär­ter, die nicht aus dem Jus­tiz­we­sen kom­men, erst ein­mal einen sechs­mo­na­ti­gen Vor­be­rei­tungs­kurs absolvieren.

Die Aus­bil­dung ist in 2 theo­re­ti­sche und 3 prak­ti­sche Tei­le unter­glie­dert. Sie endet mit einer Lauf­bahn­prü­fung. Sofern sie nicht bereits Beam­te waren, sind die aus­ge­bil­de­ten Gerichts­voll­zie­her nach erfolg­rei­cher Prü­fung Beam­te auf Pro­be und nach dem Ende der Pro­be­zeit Beam­te auf Lebenszeit.

Die theo­re­ti­sche Aus­bil­dung fin­det an einer zen­tra­len Stel­le, oft in der jewei­li­gen Lan­des­haupt­stadt, statt. Der Unter­richt wird in Blö­cken von meh­re­ren Wochen ange­bo­ten. Die Wei­ter­bil­dung glie­dert sich wie folgt:

  • Berufs­pra­xis 1. Teil: Ein­blick in die Berufs­pra­xis als Gerichts­voll­zie­her, Innen- und Außen­dienst – 2 Monate
  • Lehr­gang: Grund­kennt­nis­se der Tätig­keit als Gerichts­voll­zie­her – 4 Monate
  • Berufs­pra­xis 2. Teil: Auf­ga­ben im Innen- und Außen­dienst – 4 Monate
  • Lehr­gang: Ver­tie­fung der erwor­be­nen Kennt­nis­se – 4 Monate
  • Berufs­pra­xis 3. Teil: selbst­stän­di­ges Aus­füh­ren von Dienst­stel­len­auf­ga­ben und Auf­ga­ben eines Gerichts­voll­zie­hers – 4 Monate

Im theo­re­ti­schen Teil der Aus­bil­dung wer­den den ange­hen­den Gerichts­voll­zie­hern zum größ­ten Teil die recht­li­chen Grund­la­gen ihres spä­te­ren Berufs ver­mit­telt. Dazu gehö­ren zum Beispiel:

  • Zwangs­voll­stre­ckungs­recht
  • Kos­ten­recht
  • Zustel­lungs­recht

Sie ler­nen aber auch eine dees­ka­lie­ren­de Gesprächs­füh­rung oder die Deu­tung von Kör­per­spra­che. Kennt­nis­se über für die Arbeit erfor­der­li­chen Com­pu­ter­pro­gram­me wer­den ver­mit­telt. In Plan­spie­len wer­den typi­sche Situa­tio­nen aus dem Berufs­all­tag bespro­chen und trainiert.

Der prak­ti­sche Teil der Aus­bil­dung erfolgt über­wie­gend durch die Beglei­tung eines erfah­re­nen Gerichts­voll­zie­hers bei sei­ner täg­li­chen Arbeit.

Beschäftigungsort und Einsatzort

Gerichts­voll­zie­her unter­hal­ten eige­ne Büros in ihrem Zustän­dig­keits­be­zirk. Das dor­ti­ge Per­so­nal arbei­tet direkt für den Gerichts­voll­zie­her. Der größ­te Teil der Arbeit fin­det im Außen­dienst statt. Der Gerichts­voll­zie­her sucht Schuld­ner in ihren Pri­vat­woh­nun­gen und Geschäfts­räu­men auf. In sei­nem Büro ist der Gerichts­voll­zie­her in der Regel nur sel­ten zu fin­den. Besu­cher müs­sen einen Ter­min vereinbaren.

Verdienstmöglichkeiten

Wäh­rend des Vor­be­rei­tungs­diensts erhal­ten Beam­ten­an­wär­ter soge­nann­te Anwär­ter­be­zü­ge, die von Land zu Land ver­schie­den sind. Sie schwan­ken zwi­schen 1.209 – 1.328 €/Monat (Brut­to). Dazu kön­ne unter Umstän­den noch Zuschlä­ge wie Tren­nungs­geld kommen.

Das Ein­stiegs­ge­halt als Gerichts­voll­zie­her beträgt zwi­schen 2.290 – 2.460 €/Monat. Dazu kom­men even­tu­ell noch Zuschlä­ge. Mit wach­sen­der Zahl der Dienst­jah­re erhö­hen sich auch die Bezüge.

Perspektiven

Der Job des Gerichts­voll­zie­hers ist sicher. Schließ­lich sind es Beam­te auf Lebens­zeit, die nur in Aus­nah­me­fäl­len gekün­digt wer­den. Der schwers­te Teil dürf­te sicher sein, die Zulas­sung zur Wei­ter­bil­dung zu erhalten.

Jeder Gerichts­voll­zie­her hat einen bestimm­ten Bezirk, für den er zustän­dig ist. Freie Stel­len gibt es in der Regel nur dann, wenn ein Gerichts­voll­zie­her in Pen­si­on geht. Auf­grund des wach­sen­den Durch­schnitts­al­ters dürf­te das in den nächs­ten Jah­ren aller­dings öfter erfolgen.

Gerichtsvollzieher – kein Job am Schreibtisch

Die Tätig­keit als Gerichts­voll­zie­her ist kein Büro­job mit gere­gel­ten Arbeits­zei­ten. Einen gro­ßen Teil der Zeit ver­bringt er im Außen­dienst. Vie­le Schuld­ner sind nur zu unge­wöhn­li­chen Zei­ten zu Hause.

Bei der Arbeit benö­tigt er neben aus­ge­zeich­ne­ten fach­li­chen Kennt­nis­sen Fin­ger­spit­zen­ge­fühl und Ein­füh­lungs­ver­mö­gen. In der letz­ten Zeit arbei­ten immer mehr Frau­en als Gerichts­voll­zie­her. Etwa ein Drit­tel der Beam­ten sind Frauen.

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