Erste Hilfe und Meldepflicht bei Betriebsunfällen
Wer in der Privatwirtschaft oder im Öffentlichen Dienst arbeitet, ist in der Regel bei der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfälle versichert. Dort wurden im Jahr 2018 insgesamt knapp 880.000 Arbeitsunfälle registriert. Das sind Arbeitsunfälle, in deren Folge eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 3 Tagen, eine Erwerbsunfähigkeit oder der Tod eintraten.
Im Schnitt erleiden etwas mehr als 23 von 1.000 in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer pro Jahr einen Betriebsunfall. Es kann jeden treffen. Ein Betriebsunfall ist mit Schmerzen und Schock verbunden.
Daher empfiehlt es sich, wenn Sie sich vorher informieren, was bei einem Arbeitsunfall zu tun ist.
Was ist ein Betriebsunfall?
Der Begriff Betriebsunfall ist im § 8, Abs. 1, S 2 SGB VII (Sozialgesetzbuch) als ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis definiert, das gesundheitliche Schäden oder den Tod zur Folge hat.
Der Betriebsunfall ist ein Ereignis, das im direkten Zusammenhang mit der Ausübung einer versicherungspflichtigen Tätigkeit steht. Als Betriebsunfall zählen nicht nur Vorfälle, die sich während der Arbeitszeit am Arbeitsplatz ereignen, sondern auch:
Wegeunfälle auf dem direkten Weg von und zur Arbeit
Unfälle bei betrieblichen Veranstaltungen wie Seminare, Betriebsfeiern, Teambuilding-Maßnahmen, Betriebsversammlungen.
Ehrenamtliche und geringfügig Beschäftigte sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit ebenfalls gegen Arbeitsunfälle versichert.
Wann ist ein Unfall kein Betriebsunfall?
Wenn sich der Unfall in der Freizeit ereignet, handelt es sich nicht um einen Betriebsunfall. Dazu zählt auch ein Unfall in der Pause, weil die Pause keine Arbeitszeit ist.
Ein Unfall wird auch nicht als Betriebsunfall eingestuft, wenn er durch eigenes Verschulden herbeigeführt wurde. Dazu gehört der Genuss von Alkohol oder die Einnahme von Medikamenten, die sich negativ auf die Arbeitsfähigkeit auswirken, die unbefugte Bedienung von Maschinen oder der Aufenthalt in unbefugten Bereichen, das bewusste Ignorieren oder Umgehen von Sicherheitsvorschriften oder wenn PSA (Helm, Sicherheitsschuhe) nicht getragen werden.
Wird ein Unfall durch eine andere Erkrankung (Epilepsie, Schlaganfall) verursacht, wird er ebenfalls nicht als Betriebsunfall anerkannt.
Warum ist diese Unterscheidung so wichtig?
Sie ist wichtig, weil Sie generell bei einem Betriebsunfall finanziell besser gestellt sind als bei einem gewöhnlichen Unfall. Zudem sind andere Stellen zuständig.
Bei einem Betriebsunfall erhalten Sie nach den 6 Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber kein Krankengeld, sondern Verletztengeld. Das wird unbefristet gezahlt, entweder bis Sie wieder arbeitsfähig sind oder eine EU Rente bekommen. Bei einem Betriebsunfall müssen Sie weder für Hilfsmittel noch für Therapien eine Zuzahlung leisten.
Sie bekommen mehr Sitzungen bei der Physiotherapie. Im schlimmsten Fall übernimmt die Unfallversicherung sogar die Kosten für den behindertengerechten Umbau Ihres Arbeitsplatzes und Ihrer Wohnung. Für den Betriebsunfall ist Ihre Berufsgenossenschaft, nicht die Krankenkasse, zuständig.
Was tun bei einem Betriebsunfall?
Bei einem Betriebsunfall sollten Sie so gut es geht einen kühlen Kopf bewahren. Am wichtigsten sind natürlich die Maßnahmen zur Ersten Hilfe. Darüber hinaus sollten Sie folgende Schritte unternehmen:
- Zeugen finden und benennen
- Beweisfotos machen
- Betriebsunfall melden
Beweisfotos sind wichtig für den Unfallbericht. Sie sind angebracht, wenn der Unfall nicht auf Fehlverhalten, sondern technische Defekte wie kaputte Maschinen oder Geräte bzw. defekte oder nicht funktionierende Sicherheitseinrichtungen zurückzuführen ist.
Melden Sie jeden Betriebsunfall!
Wie wichtig das ist, kann nicht oft genug betont werden. Selbst eine Verletzung oder ein Sturz, der im ersten Moment wie eine Bagatelle erscheint, kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit nach sich ziehen.
Nicht selten zeigen sich Folgen erst Tage oder gar Wochen später. Es gab schon Menschen, die nach einem Sturz mit einem angebrochenen Fuß oder gerissenen Meniskus nach Hause gehumpelt sind, weil sie glaubten, es wäre nur eine Verstauchung.
Achten Sie unbedingt darauf, dass ein Unfallbericht angefertigt wird. Darin müssen Sie den Unfallhergang mit eigenen Worten schildern, Zeit und Ort sowie eventuell vorhandene Zeugen benennen.
Normalerweise ist es am besten, wenn der Unfallbericht kurz nach dem Ereignis angefertigt ist. Sollte das nicht möglich sein, kann er auch später verfasst werden.
Die medizinische Erstversorgung
Zur Erstversorgung können Sie die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen, den Notarzt rufen oder zu Ihrem Hausarzt gehen. Die weitere Behandlung darf jedoch nur durch einen Durchgangsarzt erfolgen. Das sind erfahrene Ärzte, die von der gesetzlichen Unfallversicherung eingesetzt wurden. Nur Durchgangsärzte führen die Behandlung durch und ordnen die Therapiemaßnahmen an.
In der Notaufnahme sagt man Ihnen Bescheid, wer Ihr zuständiger Durchgangsarzt ist. Falls Sie nicht wissen, welche Berufsgenossenschaft für Sie zuständig ist, erfahren Sie das auch entweder in der Notfallambulanz oder vom Durchgangsarzt.
Sie dürfen keinesfalls vergessen, sich bei der Erstbehandlung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen zu lassen. Die gilt ab dem Tag des Unfalls und muss so schnell wie möglich dem Arbeitgeber zugestellt werden. Wenn Sie dazu selbst nicht in der Lage sind und niemanden haben, können Sie den AU-Schein auch mit der Post schicken.
Tipp
Die Fahrkosten zum Durchgangsarzt und zu den Therapiestunden übernimmt die Berufsgenossenschaft. Heben Sie die Quittungen auf und senden sie ein. Das Geld wird Ihnen zumindest zum Teil erstattet.
Zusammenfassung
Am wichtigsten bei einem Betriebsunfall ist, dass Sie ihn melden, auch wenn er scheinbar geringfügig ist. Achten Sie darauf, dass ein Unfallbericht angefertigt und an die Berufsgenossenschaft geschickt wird. Lassen Sie sich eine Kopie geben.
Bereits bei der Erstbehandlung benötigen Sie einen Krankenschein (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung). Für die Behandlung eines Betriebsunfalls ist der Durchgangsarzt Ihrer Region zuständig. Ihr Hausarzt darf Sie nicht behandeln.