Was nach einem Betriebsunfall rechtlich zu tun ist

Die Sta­tis­tik ist zunächst ein­mal erfreu­lich. Seit dem Rekord­jahr 1992 hat sich die Zahl der Arbeits­un­fäl­le in Deutsch­land mehr als hal­biert. Die Quo­te pro 1.000 Voll­be­schäf­tig­te lag 2017 bei 21,16 mel­de­pflich­ti­gen Arbeits­un­fäl­le. Das ist der nied­rigs­te Wert seit Bestehen der Bundesrepublik.

In abso­lu­ten Zah­len bedeu­te­te das den­noch, knapp 880.000 regis­trier­te Arbeits­un­fäl­le im Jahr 2018! Ein Arbeits­un­fall kann jeden tref­fen. Gut, wenn Sie durch die­sen Rat­ge­ber- Arti­kel vor­her Bescheid wis­sen, was zu tun ist.

Was ist ein Arbeitsunfall?

So banal wie es auf den ers­ten Blick erschei­nen mag, ist die Fra­ge gar nicht. In den letz­ten Jah­ren wur­de der Begriff erheb­lich erweitert.

Juris­ten defi­nie­ren einen Arbeits­un­fall als ein plötz­li­ches, uner­war­te­tes Ereig­nis, dass ver­si­cher­te Per­so­nen bei Aus­übung einer ver­si­cher­ten Tätig­keit erlei­den. Bei Ein­tritt eines sol­chen Ereig­nis­ses haben ver­si­cher­te Per­so­nen Anspruch auf Leis­tun­gen der gesetz­li­chen Unfallversicherung.

Wer gehört zu den versicherten Personen?

Ver­si­cher­te Per­so­nen sind in ers­ter Linie Arbeit­neh­mer, Ange­stell­te und Beam­te in einem Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis. Auch gering­fü­gig Beschäf­tig­te sind in der gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung versichert.

Der Kreis der ver­si­cher­ten Per­so­nen wur­de in der letz­ten Zeit aus­ge­dehnt. Schü­ler, Stu­den­ten, ja selbst Kin­der im Kin­der­gar­ten gehö­ren zu den Per­so­nen, die bei einem Arbeits­un­fall Leis­tun­gen der gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung in Anspruch neh­men kön­nen. Erst­hel­fer und ehren­amt­lich Täti­ge sind eben­falls eingeschlossen.

Welche versicherten Tätigkeiten werden von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt?

Als ver­si­cher­te Tätig­keit gel­ten alle Auf­ga­ben, die im direk­ten Zusam­men­hang mit dem Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis ste­hen. Dar­über hin­aus wer­den auch Wege­un­fäl­le, die sich auf dem direk­ten Weg zur oder von der Arbeit ereig­nen, Arbeits­un­fäl­len gleichgestellt.

Wenn sich bei­spiels­wei­se Ihr Kind auf dem Schul­weg oder beim Sport­un­ter­richt ver­letzt, ist das ein Arbeitsunfall.

Zu den ver­si­cher­ten Tätig­kei­ten gehö­ren auch alle betrieb­li­chen Ver­an­stal­tun­gen wie Lehr­gän­ge, Betriebs­ver­samm­lun­gen, betrieb­li­che Sport­ver­an­stal­tun­gen und Fei­ern. Kun­den­be­su­che, Mon­ta­ge­tä­tig­kei­ten und Dienst­rei­sen sind unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen eben­falls eingeschlossen.

Gibt es auch Tätigkeiten oder Ereignisse, die ausgeschlossen sind?

Nicht alle Unfäl­le, die sich wäh­rend der Arbeits­zeit oder auf dem Arbeits­weg ereig­nen, wer­den auto­ma­tisch als Arbeits­un­fall anerkannt.

Wird der Unfall durch eige­nes Ver­schul­den her­bei geführt, gilt er nicht als Arbeits­un­fall. Das ist immer dann der Fall, wenn Alko­hol oder Dro­gen im Spiel sind. Auch wenn eine Vor­er­kran­kung oder ande­re Erkran­kung den Unfall aus­lös­ten, gilt er nicht als Arbeits­un­fall. Bei­spie­le sind ein epi­lep­ti­scher Anfall oder ein Schlag­an­fall, der zu einem Arbeits­un­fall führt.

Hal­ten Sie sich in der Fir­ma in einem Bereich auf, in dem Sie nicht arbei­ten oder üben Sie Tätig­kei­ten aus, für die Sie weder ein­ge­wie­sen noch berech­tigt sind, tun Sie das auf eige­nes Risiko.

Häu­fig pas­siert es auch, dass Arbeit­neh­mer auf dem Arbeits­weg einen Umweg machen. Auch in sol­chen Fäl­len erlischt der Versicherungsschutz.

Was tun bei einem Arbeitsunfall?

Das Wich­tigs­te bei einem Arbeits­un­fall: UNBEDINGT DEM ARBEITGEBER MELDEN!

Für den Lai­en schein­bar gering­fü­gi­ge Ver­let­zun­gen stel­len sich nicht sel­ten als gar nicht so harm­los her­aus. Manch­mal zei­gen sich Schä­den auch erst eini­ge Zeit nach dem Unfall. Selbst wenn Sie der Mei­nung sind, dass Sie kei­ne medi­zi­ni­sche Behand­lung benö­ti­gen und Ihre Arbeit fort­set­zen kön­nen, soll­ten Sie trotz­dem Ihren Arbeit­ge­ber infor­mie­ren. Dadurch sind Sie abgesichert.

Zur Erst­be­hand­lung suchen Sie eine Not­fall­am­bu­lanz oder einen Arzt Ihrer Wahl auf.
Dort las­sen Sie sich eine Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung aus­stel­len. Schi­cken Sie den ent­spre­chen­den Durch­schlag an Ihren Arbeitgeber.

Die Behand­lung eines Arbeits­un­falls wird durch einen so genann­ten Durch­gangs­arzt vor­ge­nom­men. Das sind Ärz­te, die spe­zi­ell von der gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung für zustän­dig erklärt wer­den. Der Durch­gangs­arzt über­nimmt die The­ra­pie. Ihr Haus­arzt darf Sie bei einem Arbeits­un­fall nicht behan­deln (außer Erstversorgung).

Den Kran­ken­schein sen­den Sie nicht an die Kran­ken­kas­se, son­dern an die Berufs­ge­nos­sen­schaft oder Unfall­kas­se. Falls Sie nicht wis­sen, wer für Sie zustän­dig ist, fra­gen Sie Ihren Arbeit­ge­ber oder den Arzt, der die Erst­ver­sor­gung übernimmt.

Falls es nicht bereits unmit­tel­bar nach dem Ereig­nis gesche­hen ist, müs­sen Sie den Arbeit­ge­ber auf­su­chen und dort ein Unfall­pro­to­koll ver­fas­sen. Dar­in müs­sen Sie Zeit­punkt und Ort des Arbeits­un­falls ange­ben, mög­li­che Zeu­gen benen­nen und den Unfall­her­gang kurz schildern.

Wer übernimmt die Lohnfortzahlung?

Wenn Sie bereits seit min­des­tens 4 Wochen in der Fir­ma arbei­ten, haben Sie Anspruch auf Lohn­fort­zah­lung. In den ers­ten 6 Wochen ist dafür Ihr Arbeit­ge­ber zustän­dig. Soll­ten Sie danach wei­ter arbeits­un­fä­hig sein, erhal­ten Sie Ver­letz­ten­geld. Das wird zwar von der Kran­ken­kas­se gezahlt, zustän­dig ist aber Ihre Berufsgenossenschaft.

Was ist bei einem Arbeitsunfall anders?

Vie­les ist dabei anders. Sie sind finan­zi­ell bes­ser ver­sorgt als bei einem häus­li­chen Unfall oder einer Erkrankung.

Bei einem Arbeits­un­fall erhal­ten Sie Ver­letz­ten­geld in einer durch­schnitt­li­chen Höhe von 80 Pro­zent des Regel­ent­gelts für eine unbe­fris­te­te Zeit (so lan­ge bis Ihre Arbeits­fä­hig­keit wie­der­her­ge­stellt ist). Kran­ken­geld wird dage­gen für maxi­mal 78 Wochen gezahlt. Weder bei Reha-Maß­nah­men noch bei The­ra­pien (Phy­sio­the­ra­pie) müs­sen Sie Zuzah­lun­gen leisten.

Die Berufsgenossenschaft trägt die Kosten für:

  • Umbau der Woh­nung oder des Arbeitsplatzes
  • Umrüs­tung Ihres Pkws
  • spe­zi­el­les Schuhwerk
  • Roll­stuhl, Geh­hil­fen, Rol­la­tor und ande­re Hilfsmittel

Tipp:

Bei einem Arbeits­un­fall wer­den Ihnen die Fahrt­kos­ten zur The­ra­pie erstattet.
Heben Sie die Bele­ge auf und sen­den sie die­se an die Krankenkasse.

Sie haben Anspruch auf eine Berufs­un­fä­hig­keits­ren­te, wenn bei Ihnen län­ger als 26 Wochen nach dem Unfall noch eine Min­de­rung der Erwerbs­fä­hig­keit von min­des­tens 20 Pro­zent fest­ge­stellt wur­de. Die Ren­te müs­sen sie nicht bean­tra­gen. Dazu ist die Berufs­ge­nos­sen­schaft verpflichtet.

Zusammenfassung

Mel­den Sie jeden Arbeits­un­fall, selbst wenn er schein­bar belang­los ist. Ach­ten Sie dar­auf, dass ein Unfall­pro­to­koll ver­fasst wird und dass Sie es unterschreiben.

Für die Behand­lung der Ver­let­zung ist ein von der Unfall­ver­si­che­rung benann­ter Durch­gangs­arzt zustän­dig. Nur die­ser ent­schei­det über die the­ra­peu­ti­schen Maßnahmen.

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