Kann man Arbeiten wirklich vom Privatleben trennen?

Har­mo­ni­sches Fami­li­en­le­ben, span­nen­der Kar­rie­re­weg, Mara­thon-Trai­ning, Rei­sen, Yoga, Reli­gi­on und wenn es geht noch eine neue Spra­che ler­nen? Unse­re Genera­ti­on lebt oder strebt zumin­dest danach: Die per­fek­te Work-Life-Balance.

Das zeigt sich auch an den Tref­fer­zah­len in Goog­le zu die­sem Such­wort. Die Such­ma­schi­ne spuckt vie­le Rat­ge­ber, Tipps und Work-Life- Coa­ches aus. Aber was ist Work-Life-Balan­ce und wie genau ist die Balan­ce zwi­schen Arbeit und Leben gemeint?

Work-Life-Balance – Was ist das eigentlich?

Der Begriff »Work-Life-Balan­ce« stammt aus dem Eng­li­schen und bedeu­tet über­setzt: Work = Arbeit, Life = Leben, Balan­ce = Gleich­ge­wicht. Zuge­ge­ben, der Begriff ist etwas irre­füh­rend, denn die Arbeit ist ein gro­ßer Bestand­teil unse­res Lebens. Sie beglei­tet uns von Kin­des­bei­nen an.

Unse­re Aus­bil­dung dient  der Vor­be­rei­tung auf ein eigen­stän­di­ges, gesell­schaft­li­ches Leben. Für die­se Selbst­stän­dig­keit ist die Aus­übung eines Beru­fes ein wich­ti­ger Fak­tor: Unser Job gibt uns eine Auf­ga­be und er ist die Grund­la­ge unse­rer Ver­sor­gung – also auch unse­res Lebens.

Bei dem Begriff »Work-Life-Balan­ce« wirkt es eher, als wür­den sich Arbeit und Leben gegen­über­ste­hen oder sogar Gegen­tei­le von­ein­an­der sein.

Was genau meint Work-Life-Balan­ce also? War­um wer­den die Begrif­fe »Work« und »Life« auf zwei sich gegen­über­lie­gen­den Waag­scha­len posi­tio­niert? Das Miss­ver­ständ­nis liegt in der Bedeu­tung von »Life«. Gemeint ist näm­lich nicht das Leben an sich, son­dern das Pri­vat­le­ben. Ziel die­ser Phi­lo­so­phie ist es, das Arbeits- und Pri­vat­le­ben aus­ge­wo­gen zuein­an­der zu gestalten.

Aller­dings gibt es weit mehr als nur zwei Lebens­be­rei­che, die ins Lot gebracht wer­den müs­sen: Job und Neben­job, Fami­lie, Frei­zeit, sozia­les Enga­ge­ment, Reli­gi­on – all die­se Fak­to­ren wer­den von Coa­ches als „life domains“ bezeich­net. Ein Aus­gleich die­ser Berei­che meint, dass sie sich gegen­sei­tig nicht im Weg stehen.

Hintergrund der Work-Life-Balance

Der Begriff Work Life Balan­ce wur­de bereits 1986 geprägt und fand in den 1990er Jah­ren Ein­zug in unse­re Gesell­schaft. Grund dafür war die „New Eco­no­my“, Über­stun­den und über­mä­ßi­ges Enga­ge­ment gal­ten als guter Ton im Arbeits­le­ben, vor allem auf Manage­ment-Ebe­ne. Fami­lie und Pri­vat­le­ben konn­ten dabei schnell ver­nach­läs­sigt wer­den, eben­so die Gesundheit.

Heu­te ist das The­ma wie­der hoch­ak­tu­ell. Health Care und Selbst­er­fül­lung domi­nie­ren die Wün­sche im Arbeits­all­tag. Doch wie bekommt man Fami­lie, Hob­by, Job und Gesund­heit unter einen Hut?

Life-Coa­ches ver­spre­chen eine Lösung mit den rich­ti­gen Tipps, Tools und Instru­men­ten. Zwei häu­fi­ge Schlag­wor­te dabei sind Zeit­ma­nage­ment und Resilienz.

  • Metho­den wie die Eisen­ho­wer-Matrix oder das Pare­to­prin­zip sol­len uns hel­fen unse­ren All­tag bes­ser zu struk­tu­rie­ren und unse­re Zeit effek­ti­ver zu nutzen.
  • Resi­li­enz hin­ge­gen beschreibt die eige­ne Fähig­keit mit Stress und schwe­ren Lebens­si­tua­tio­nen sowie Beein­träch­ti­gun­gen umzugehen.

Sind Arbeit und Leben zwangsläufig getrennt zu betrachten?

Für ein Leben im Gleich­ge­wicht soll­ten sich pri­va­te und beruf­li­che, aber auch indi­vi­du­el­le und gesell­schaft­li­che Zie­le nicht im Weg ste­hen. Doch die Har­mo­nie ent­steht erst, wenn man die ver­schie­de­nen „life domains“ im Bezug zuein­an­der betrach­tet. Sie bedin­gen und unter­stüt­zen sich gegenseitig.

Bei­spiels­wei­se ist in unse­rer moder­nen Gesell­schaft die Rol­len­ver­tei­lung in der Kin­des­er­zie­hung sehr fle­xi­bel. Teil­wei­se möch­ten bei­de Eltern­tei­le oder auch Allein­er­zie­hen­de glei­cher­ma­ßen an ihrer Kar­rie­re arbei­ten und trotz­dem genug Zeit für das Fami­li­en­le­ben haben.

Dadurch, dass vie­le Fami­li­en vor einem ähn­li­chen Dilem­ma ste­hen, ist das The­ma längst in unse­re Poli­tik ein­ge­wan­dert. Kin­der­ta­ges­stät­ten, fle­xi­ble Arbeits­zeit­mo­del­le, Home­of­fice, Eltern­zeit, Kin­der­geld und Co. sind nur eini­ge The­men die sich dar­auf beziehen.

Hier merkt man also, dass die indi­vi­du­el­len Zie­le auch mit den Mög­lich­kei­ten unse­rer Gesell­schaft ver­eint wer­den müs­sen. Das liegt min­des­tens genau­so im Gewicht der Work-Life-Balan­ce wie das pri­va­te und beruf­li­che Leben.

30 Minu­ten Work-Life-Balance* 
  • Sei­wert, Lothar (Autor)

Ist der Ausgleich im Leben eher ein Puzzle als eine Waage?

Spä­tes­tens zu die­sem Punkt, kommt die Fra­ge auf, ob es pas­sen­der ist nur von einer Life-Balan­ce zu spre­chen. Die Argu­men­te dafür sind:

1.) Die Tren­nung von »Work« und »Life« ist ver­wir­rend. Die Arbeit zählt zum Leben dazu. Vie­le Men­schen iden­ti­fi­zie­ren sich mit ihrem Beruf. Eini­ge „leben“ ihren Traum­job und sehen ihren Job nicht als Arbeit, son­dern haben Spaß dar­an. Sie defi­nie­ren den Beruf viel­leicht sogar mehr, als ihr Leben als ande­re Berei­che daraus.

2.) Der Begriff »Work-Life-Balan­ce« wirkt wie eine Waa­ge mit zwei ver­schie­de­nen Sei­ten. Aber: Es müs­sen mehr als nur zwei Fak­to­ren bei einem har­mo­ni­schen Leben betrach­tet wer­den: Reli­gi­on, Gesell­schaft (z.B. auch die Ver­ant­wor­tung gegen­über Eltern und Groß­el­tern), Frei­zeit, per­sön­li­che Wei­ter­ent­wick­lung, Fami­lie, etc. – vie­le die­ser Berei­che sind so sehr mit­ein­an­der ver­wo­ben, dass es schwer ist eine kla­re Trenn­li­nie zu ziehen.

3.) Die ver­schie­de­nen Sei­ten, soll­ten des­we­gen nicht getrennt von­ein­an­der betrach­tet wer­den. Die ein­zel­nen »life domains« grei­fen inein­an­der oder müs­sen sich gegen­sei­tig Raum las­sen. Sie beein­flus­sen sich nicht nur gegen­sei­tig, son­dern wer­den teil­wei­se auch von glei­chen äuße­ren Ein­wir­kun­gen gelenkt.

Aus die­sen und sicher­lich auch wei­te­ren Grün­den ist es viel­leicht pas­sen­der von einem Lebens-Gleich­ge­wicht zu reden oder von einem Lebens-Puz­zle, bei dem alle Berei­che ihren Platz haben. Vor allem, weil die­se Puz­zle­stü­cke bei jedem Men­schen anders sind und unter­schied­lich ins Gewicht fallen.

* Letz­te Aktua­li­sie­rung am 20.01.2022 / Affi­lia­te Links / Bil­der von der Ama­zon Pro­duct Adver­ti­sing API

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