Arbeiten und Leben in der Metropole Ruhr

Wenn es eine Regi­on in Deutsch­land gibt, die vom Struk­tur­wan­del beson­ders hart betrof­fen ist, dann das Ruhr­ge­biet. Aus dem eins­ti­gen Zen­trum der Schwer­indus­trie, von Koh­le, Stahl‚ Eisen und Maschi­nen­bau ist heu­te ein Zen­trum des Dienst­leis­tungs­sek­tors, der Kul­tur und Bil­dung geworden.

In die­sem Arti­kel beschrei­ben wir die Ent­wick­lung von Arbeit und Leben in der Ruhr­re­gi­on von Nordrhein-Westfalen.

Welche Auswirkungen hat der Strukturwandel auf die regionale Arbeitswelt?

Die Aus­wir­kun­gen des Struk­tur­wan­dels waren seit den Ach­zi­ger­jah­ren in der Ruhr­re­gi­on sehr nega­tiv. Unmit­tel­bar nach dem Krieg leg­te die Indus­trie des Ruhr­ge­biets die Grund­la­ge für den wirt­schaft­li­chen Auf­schwung der Bun­des­re­pu­blik. Stahl­pro­duk­ti­on und Koh­len­för­de­rung erleb­ten hohe Zuwachs­ra­ten, die Arbeits­kräf­te aus Deutsch­land und dem Aus­land ins Ruhr­ge­biet lockten.

Gegen Ende der fünf­zi­ger Jah­re änder­te sich die Situa­ti­on. Die Ruhr­koh­le wur­de zu teu­er und bei Stahl herrsch­te eine Über­pro­duk­ti­on. Als Fol­ge die­ser Ent­wick­lung sank die Zahl der Beschäf­tig­ten in die­sen einst wich­ti­gen Zwei­gen der Indus­trie ab 1960 bis 1998 um weit über 60 Prozent.

Wäh­rend im Osten Deutsch­lands all­mäh­lich die sei­ner­zeit von Kohl ver­spro­che­nen blü­hen­den Land­schaf­ten ent­stan­den, ver­arm­ten einst wohl­ha­ben­de Städ­te wie Gel­sen­kir­chen oder Duisburg.

Seit etwa 1980 ist die Arbeits­lo­sig­keit im Ruhr­ge­biet höher als im Bun­des­durch­schnitt. Sie geht zwar zurück, der Rück­gang erfolgt jedoch lang­sa­mer als in Ost­deutsch­land. Auch aktu­ell ist kei­ne Ent­span­nung in Sicht, da der geplan­te Koh­le­aus­stieg das Ruhr­ge­biet noch­mals hart tref­fen wird und zum wei­te­ren Abbau von Arbeits­plät­zen führt.

Im Ver­gleich zu frü­he­ren Jah­ren hat sich das Spek­trum der ange­bo­te­nen Jobs im Ruhr­ge­biet kom­plett ver­än­dert. Gegen­wär­tig ist der Haupt­teil der Arbeit­neh­mer nicht mehr in der Indus­trie, son­dern in den Berei­chen Gesund­heits­we­sen und Logis­tik beschäftigt.

In welchen Branchen bieten aktuell eine neue berufliche Perspektive?

Im Gesund­heits­we­sen ist wei­ter­hin eine erhöh­te Nach­fra­ge zu qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal gege­ben. Das liegt dar­an, dass sich die demo­gra­fi­sche Struk­tur der Bevöl­ke­rung ändert. Es gibt immer mehr älte­re Men­schen, die Betreu­ung benötigen.

Die­se neh­men zudem auch häu­fi­ger ande­re Leis­tun­gen des Gesund­heits­we­sens in Anspruch als jun­ge Men­schen. Dazu kommt, dass auch Kli­ni­ken und Kran­ken­häu­ser aktu­ell einem struk­tu­rel­len Wan­del unter­lie­gen, weg von der rei­nen kli­ni­schen Ver­sor­gung hin zu einem ganz­heit­li­chem Gesund­heits­cam­pus mit Hotelambiente.

Dies führt unteran­de­rem dazu, dass auch in die­sen Bereich der Ser­vice wei­ter aus­ge­baut wird und neue Jobs im Ruhr­ge­biet ent­ste­hen. Ohne­hin ist eine Anstel­lung im Gesund­heits­we­sen nicht immer zwangs­wei­se mit der direk­ten Ver­sor­gung und Behand­lung von Pati­en­ten verbunden.

Neben den in der Bevöl­ke­rung bekann­ten Beru­fen wie Kran­ken­schwes­tern, Alten­pfle­ge­rin und Ärz­ten, gibt es zahl­rei­che Tätig­keits­fel­der im Bereich Tech­nik, Gebäu­de­ma­nage­ment, Logis­tik und Ver­wal­tung. Gera­de im Zuge der Digi­ta­li­sie­rung wird in den kom­men­den Jah­ren ein erhöh­ter Bedarf an IT-Fach­kräf­ten ent­ste­hen um die anste­hen­den Auf­ga­ben anzugehen.

Dass die Logis­tik­bran­che im Ruhr­ge­biet boomt, das ist ein Trend, der seit Jah­ren anhält. Ein Grund dafür ist die wach­sen­de Beliebt­heit des Online-Shop­pings. Immer mehr Men­schen bestel­len Pro­duk­te in online, weil es bequem, die Aus­wahl viel­fäl­ti­ger und der Kos­ten­ver­gleich ein­fa­cher ist.

Der Haupt­teil der Bestel­lun­gen wird mit den diver­sen Paket­diens­ten wie DHL, UPS, DPD und ande­re gelie­fert. Das schafft eine wach­sen­de Nach­fra­ge nach Arbeits­kräf­ten, von Mit­ar­bei­tern in den Depots und Sor­tier­zen­tren bis zu Fah­rern und Hilfskräften.

Jobs im Transport- und Logistikbereich sind begehrt

Doch auch tra­di­tio­nel­le Beru­fe im Trans­port- und Logis­tik­be­reich sind wei­ter­hin gefragt. Das Ruhr­ge­biet gehört zur soge­nann­ten blau­en Bana­ne, einer dicht­be­völ­ker­ten Zone mit über 100 Mio. Ein­woh­nern im Her­zen Europas.

Flüs­se wie Rhein und Ruhr sind immer noch anhal­tend wach­sen Ver­kehrs­stra­ßen bie­ten vie­len Ein­woh­nern im Ruhr­ge­biet Arbeits­plät­ze. Die zuneh­men­de Glo­ba­li­sie­rung sorgt zu dem vor allen in den Bal­lungs­zen­tren und Metro­pol­re­gio­nen für ste­tig wach­sen­den Waren­ver­kehr, von der Abfer­ti­gung von Flug­zeu­gen und dem Löschen von Schif­fen bis zur Belie­fe­rung von Ver­teil­zen­tren und dem Einzelhandel.

Dar­über hin­aus stei­gen auch die Beschäf­ti­gungs­zah­len in der Gas­tro­no­mie und dem Tou­ris­mus. Das Ruhr­ge­biet hat es in den ver­gan­ge­nen Jah­ren geschafft aus sei­ner indus­tri­el­len Ver­gan­gen­heit tou­ris­tisch zu vermarkten.

Ehe­ma­li­ge Koh­le­bau- und Indus­trie­an­la­gen sto­ßen auf ver­mehr­tes Inter­es­se bei Besu­chern aus aller Welt. Der Charme und die guten Platz­ver­hält­nis­se in still­ge­leg­ten Betrie­ben bie­ten neu­en Event­lo­ca­ti­ons, das aktu­ell im Trend lie­gen­de Ambi­en­te. Gera­de durch die in 2020 ein­ge­tre­te­nen Rei­se­be­schrän­kun­gen haben sich zahl­rei­che Ein­woh­ner in Deutsch­land und Euro­pa statt auf den Weg in den Süden, auf Rei­sen zu näher­lie­gen­den Gegen­den gemacht. Hier­von hat auch das Ruhr­ge­biet profitiert.

Beglei­tend zu den vor­ge­nann­ten Bran­chen wer­den im Ruhr­ge­biet zukünf­tig Jobs in Dienst­leis­tun­gen rund um das Kern­ge­schäft ent­ste­hen, sodass sich auch hier ein grö­ße­res Poten­zi­al an Arbeits­mög­lich­kei­ten erschließt.

Zusätz­lich zu alt ein­ge­ses­se­nen Bran­chen und deren Dienst­leis­tungs­be­rei­chen zeigt die Ver­gan­gen­heit und aktu­el­le Trends, dass gera­de in Bevöl­ke­rungs­star­ken Regio­nen ste­tig neue Wirt­schafts­zwei­ge ent­ste­hend und die Ent­wick­lung neu­er Metho­den und Tech­no­lo­gien gestützt durch indus­tri­el­le Part­ner schnel­ler vor­an­schrei­ten und somit einen hohen Bedarf an geeig­ne­ten Fach­per­so­nal haben.

Wie steht es im Ruhrgebiet um Jobs in Kultur und Bildung?

Trotz sei­ner noch rela­tiv jun­gen städ­ti­schen Archi­tek­tur bil­det das Ruhr­ge­biet eine geschichts­träch­ti­ge Epo­che in der deut­schen Geschich­te ab, sodass auch im Kul­tu­rel­len­bran­chen mit einem stei­gen­den Bedarf an Arbeit­neh­mern gerech­net wer­den kann.

Neben dem Schutz- und Erhalt von denk­mal­ge­schütz­ten Gebäu­den und Ein­rich­tun­gen wer­den in den kom­men­den Jah­ren Tätig­kei­ten im Bereich von Ver­an­stal­tun­gen, öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen und Muse­en zu erle­di­gen sein.

Das wach­sen­de Vor­an­schrei­ten des Mul­ti­kul­tu­rel­len Lebens in Deutsch­land und somit auch im Ruhr­ge­biet, wird unse­re Gesell­schaft in den kom­men­den Jah­ren inten­siv beschäf­ti­gen. Damit ein­her­ge­hend, wer­den unter­schied­lichs­te Beru­fe rund um die not­wen­di­ge Inte­gra­ti­on von Zuwan­dern, sowie in der Betreu­ung von Hilfs­be­dürf­ti­gen Ein­woh­nern inner­halb der Regi­on wei­ter aus­ge­baut werden.

Bedingt durch die fort­schrei­ten­de Alte­rung der im Land täti­gen Lehr­kräf­te und Mit­ar­bei­ter im Bil­dungs­sys­tem, sowie der fort­schrei­ten­den Digi­ta­li­sie­rung und kom­ple­xe­ren Auf­ga­ben im Bereich von Bil­dung und Leh­re, wird sich der Lehr­kräf­te­man­gel in den kom­men­den Jah­ren deut­lich verschärfen.

Auch hier wur­de auf­ge­zeigt, dass ein not­wen­di­ger Struk­tur­wan­del im Bil­dungs­sys­tem Ener­gie und neue Ideen benö­tigt. Gera­de für Quer­ein­stei­ger kann dies, für einen neu­en Job im Ruhr­ge­biet, in den kom­men­den Jah­ren poten­zi­al bieten.

Was passiert mit Berufen im der Industriebranche?

Es gibt Beru­fe, die in den nächs­ten Jah­ren ent­we­der ganz ver­schwin­den oder zumin­dest mit einem star­ken Stel­len­ab­bau zu rech­nen haben.

Gera­de die fort­schrei­te Auto­ma­ti­sie­rung, Digi­ta­li­sie­rung, sowie die zuneh­men­de Ver­la­ge­rung von pro­du­zie­ren­den Betrie­ben in das Aus­land, wer­den auch in den kom­men­den Jah­ren zu wei­te­ren Betriebs­schlie­ßun­gen führen.

Ers­te ähn­li­che Aus­wir­kun­gen zeich­nen sich aktu­ell im Bank- und Ver­si­che­rungs­we­sen zu erken­nen, wo ver­mehrt Online­diens­te die Kun­den­be­ra­tung über­neh­men und Ver­trags­ab­schlüs­se direkt im Inter­net mög­lich sind.

Den­noch ist der Bedarf an gut aus­ge­bil­de­ten Tech­ni­kern und Mecha­tro­ni­kern groß, gera­de im aus­füh­ren­den Hand­werk wird der Fach­kräf­te­man­gel zuneh­mend zu einem Pro­blem. Neben län­ge­ren War­te­zei­ten für Kun­den, führt dies vor allem zu einer Min­de­rung der Ausführungsqualität.

Exper­ten aus den indus­tri­el­len und her­stel­len­den Betrie­ben haben die Chan­ce mit Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bo­ten Ihre Kennt­nis­se im Hand­werks­be­reich aus­zu­bau­en und aus Ihrem vor­he­ri­gen Berufs­le­ben mit­ein­zu­brin­gen. Unter Ein­be­zie­hung der auch hier vor­an­schrei­ten­den Digi­ta­li­sie­rung, las­sen sich dadurch sinn­vol­le Syn­er­gien erschießen.

Zudem bie­tet die Ver­än­de­rung auch Chan­cen für den wei­te­ren Aus­bau von Beru­fen, rund um Pro­zess­op­ti­mie­rung, Wirt­schafts­ma­the­ma­tik und Informatik.

Potenziale für Kreativität und regionale Herstellung

Auch für Men­schen im Ruhr­ge­biet lässt sich aus­sa­gen, dass der Trend zum regio­nal erzeug­ten Pro­dukt fort­wäh­rend anhält und somit teil­wei­se fast ver­ges­se­ne Berufs­grup­pen, die direkt an der Erzeu­gungs­ket­te von Pro­duk­ten betei­ligt sind, sich in Nischen­mär­ken eta­blie­ren kön­nen und wer­den. Bei­spie­le hier­für sind Beru­fe wie Satt­ler, Imker oder Tischler.

Zu wis­sen woher etwas kommt und von wem es her­ge­stellt wur­de, war der Bevöl­ke­rung lan­ge nicht wich­tig, es zähl­te der Preis und die moder­ne Tech­nik. Doch gera­de aus gesund­heit­li­chen und natur­scho­nen­den Aspek­ten kehrt ein Groß­teil der Bevöl­ke­rung gera­de wie­der zu einem bewuss­ten Genuss und Ein­kauf von Pro­duk­ten zurück.

Dies führt neben dem deut­li­chen redu­zier­ten Ver­brauch von Fer­tig­wa­ren auch zu einem neu­en Ver­ständ­nis von Kunst und Qua­li­tät. Es zählt der regio­na­le und indi­vi­du­el­le Aspekt, was alten tra­di­tio­nel­len Beru­fen eine neue Wert­schät­zung wie­der­fah­ren lässt und zukunfts­träch­ti­ge Arbeits­plät­ze bietet.

Jobs im Ruhrgebiet: Was können Sie tun?

Men­schen sind Ver­än­de­run­gen gewohnt, auch wenn Sie einem im ers­ten Moment schwer­fal­len. Anpas­sun­gen an neue Situa­tio­nen waren schon immer notwendig.

So wie ver­gan­ge­ne Her­aus­for­de­run­gen bewäl­tigt wur­den, wird auch der anste­hen­de Wan­del geschafft wer­den und in ein paar Jahr­zehn­ten rück­bli­ckend mit Stolz betrach­tet wer­den kön­nen. Berufs­an­fän­gern ste­hen wei­ter­hin viel­fäl­ti­ge Kar­rie­re­we­ge offen, in denen Sie sich selbst ver­wirk­li­chen und neue Erfah­run­gen machen können.

Arbeits­tä­ti­ge deren beruf­li­cher Wer­de­gang durch die anste­hen­den Umstruk­tu­rie­run­gen nicht wie bis­her fort­ge­führt wer­den kann, ste­hen mit Hil­fe von geeig­ne­ten Umschu­lungs- und Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­men neue beruf­li­che Per­spek­ti­ven bevor.

Eine wei­te­re Opti­on besteht dar­in, Ihre Inter­es­sen zum Beruf zu machen und somit die per­sön­li­che Beru­fung aus­zu­le­ben. Für durch­dach­te Ideen ste­hen Ihnen hier­für zahl­rei­che För­der­pro­gramm zur Ver­fü­gung, die Ihnen über die her­aus­for­dern­de Anfangs­zeit hin­weg­hel­fen können.

Das Wich­tigs­te ist dabei den Fokus nicht auf das ver­gan­ge­ne oder das zu ver­lie­ren­de zuset­zen, son­dern sich neu­en Mög­lich­kei­ten zu öff­nen und Ideen anzugehen.

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