Unangemessenes Verhalten zwischen Kollegen oder Vorgesetzten

Sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz ist eine Straf­tat und laut dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz in Deutsch­land verboten.

In die­sem Zusam­men­hang ver­öf­fent­lich­te die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le des Bun­des alar­mie­ren­de Sta­tis­ti­ken. Mehr als die Hälf­te aller deut­schen Arbeit­neh­mer haben bereits sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz ent­we­der selbst erfah­ren oder beobachtet.

Jedoch wuss­ten 81 Pro­zent nicht, dass der Arbeit­ge­ber im Rah­men sei­ner Für­sor­ge­pflicht so etwas aktiv bekämp­fen muss. Fast Drei­vier­tel aller Arbeit­neh­mer kann­ten zudem kei­ne Per­son in ihrer Fir­ma, an die sich wegen einer sexu­el­len Beläs­ti­gung am Arbeits­platz wen­den konnten.

Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

Dazu zäh­len eine Anzahl von Aktio­nen, die alle gemein­sam haben, dass sie vom Opfer nicht erwünscht sind. Die Beläs­ti­gung geht am häu­figs­ten von den Kol­le­gen aus. An zwei­ter Stel­le kom­men Kun­den und an drit­ter Stel­le Vor­ge­setz­te. Sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz trifft übri­gens auch Män­ner, jedoch sel­te­ner als Frau­en. Zu den Prak­ti­ken gehören:

  • Uner­wünsch­te sexu­el­le Hand­lun­gen, bei­spiels­wei­se Berüh­run­gen, Umar­mun­gen, Küs­se, Strei­cheln und ähn­li­ches. Selbst uner­wünsch­tes Anstar­ren kann als sexu­el­le Beläs­ti­gung gelten.
  • Auf­for­de­run­gen zu sexu­el­len Hand­lun­gen, bei­spiels­wei­se “Komm und küs­se mich” oder “Setz Dich auf mei­nen Schoß” und ande­res in der Art
  • Bemer­kun­gen sexu­el­len Inhalts. Die Palet­te reicht vom Erzäh­len obszöner
    Wit­ze über Schimpf­wör­ter mit sexu­el­ler Bedeu­tung bis zu Spitz­na­men mit
    sexu­el­ler Anspie­lung. Selbst Aus­drü­cke wie Schat­zi oder Püpp­chen können
    eine sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz darstellen.
  • Uner­wünsch­tes Zei­gen oder öffent­li­che Prä­sen­ta­ti­on von Darstellungen
    sexu­el­len Inhalts. Das reicht vom Nackt­fo­to am Spind oder an der Wand
    der Werk­statt bis hin zum Ver­sen­den von Por­nos oder obszönen
    Nach­rich­ten an das Opfer.

Um wel­che Akti­on es sich auch han­delt, sie gilt als sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz, wenn sie ein­sei­tig erfolgt, uner­wünscht ist und das Ziel hat, das Opfer zu ernied­ri­gen und zu ver­spot­ten. Auch das Ver­spre­chen von Vor­tei­len bei sexu­el­len Ent­ge­gen­kom­men oder das Andro­hen von Nach­tei­len wer­den als sexu­el­le Beläs­ti­gung gewertet.

Was bedeutet der Ausdruck “am Arbeitsplatz”?

Er ist nicht wört­lich zu neh­men. Viel­mehr ist damit gemeint, dass die sexu­el­le Beläs­ti­gung im Rah­men eines Arbeits­ver­hält­nis­ses erfolgt.

Im juris­ti­schen Sinn zäh­len auch uner­wünsch­te sexu­el­le Hand­lun­gen in den Pau­sen, auf dem Weg zur oder von der Arbeit oder bei betrieb­li­chen Ver­an­stal­tun­gen (Semi­na­re, Weih­nachts­fei­ern) als sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeitsplatz.

Warum passiert sexuelle Belästigung und was sind die Folgen?

Bei sexu­el­ler Beläs­ti­gung am Arbeits­platz geht es nicht dar­um, dass der oder die Täter ihre Sexua­li­tät aus­le­ben oder weil das Opfer sehr attrak­tiv ist. Viel­mehr han­delt es sich um eine Macht­de­mons­tra­ti­on. Geht sie von Kol­le­gen aus, steckt häu­fig Kon­kur­renz­kampf dahin­ter. In man­chen Fäl­len drückt sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz auch Respekt­lo­sig­keit aus.

Die Fol­gen kön­nen gra­vie­rend sein. Opfer kön­nen unter Depres­sio­nen, Schlaf­stö­run­gen, Migrä­ne oder Magen­schmer­zen und einer Rei­he wei­te­rer Pro­ble­me leiden.

Die Fol­gen für die Fir­ma kön­nen eben­falls beträcht­lich aus­fal­len. Opfer sexu­el­ler Beläs­ti­gung wer­den öfter krank. Sie kön­nen sich nicht gut kon­zen­trie­ren. Dadurch erhöht sich die Wahr­schein­lich­keit von Arbeits­un­fäl­len. Die Aus­schuss­quo­te steigt. Das Betriebs­kli­ma lei­det. Klatsch und Tratsch gedeihen.

Was können Sie tun, wenn Sie am Arbeitsplatz sexuell belästigt werden?

Zunächst ein­mal soll­ten Sie ver­su­chen, das Pro­blem selbst zu lösen. Sagen Sie dem Täter laut und deut­lich, dass Sie die betref­fen­den Hand­lun­gen nicht wün­schen. Am bes­ten tun Sie das vor Zeugen.

Oft steckt nur ein Miss­ver­ständ­nis dahin­ter. Was für den einen ein Spaß oder harm­lo­ser Flirt ist, stellt für den ande­ren eine sexu­el­le Beläs­ti­gung dar. Mit Ihrer Ansa­ge machen Sie klar, dass Sie die Akti­on nicht wün­schen. Dro­hen Sie für eine Wie­der­ho­lung mit Kon­se­quen­zen. In den meis­ten Fäl­len genügt das bereits, um dem Trei­ben ein Ende zu setzen.

Falls nicht, ver­su­chen Sie wenn irgend mög­lich, Per­so­nen zu fin­den, die bereit sind, als Zeu­gen aus­zu­sa­gen. Wenn Sie obs­zö­ne Nach­rich­ten oder Fotos auf Ihr Smart­pho­ne bekom­men, löschen Sie die­se auf kei­nen Fall. Es han­delt sich um Beweis­ma­te­ri­al. Sie kön­nen das Smart­pho­ne auch benut­zen, um Screen­shots vom PC oder ande­re Beweis­fo­tos zu machen.

Wen­den Sie sich an Ihren Vor­ge­setz­ten und berich­ten über die Vor­fäl­le. Soll­te die sexu­el­le Beläs­ti­gung von ihm aus­ge­hen, gehen Sie ent­we­der zum rang­hö­he­ren Vor­ge­setz­ten oder Sie wen­den sich an ein Mit­glied des Betriebs­rats oder einen Ver­tre­ter der Gewerk­schaft. Soll­te das alles nicht mög­lich sein, kön­nen Sie bei der Poli­zei Anzei­ge erstat­ten oder sich an einen Anwalt wenden.

Was tun, wenn der Arbeitgeber nicht reagiert?

Wird Ihrer Beschwer­de nicht statt­ge­ge­ben, haben Sie nach § 14 AGG (All­ge­mei­nes Gleich­stel­lungs­recht) das Recht zur Leis­tungs­ver­wei­ge­rung. Das bedeu­tet, Sie kön­nen als letz­tes Mit­tel der Arbeit fern blei­ben. Der Arbeit­ge­ber ist ver­pflich­tet, Ihnen Ihr vol­les Arbeits­ent­gelt zu bezah­len. Die Leis­tungs­ver­wei­ge­rung müs­sen Sie jedoch schrift­lich ankün­di­gen und begründen.

Im Extrem­fall kön­nen Sie den Arbeit­ge­ber vor Gericht brin­gen und von ihm Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld ver­lan­gen. Scha­dens­er­satz steht Ihnen bei­spiels­wei­se für The­ra­pie­kos­ten und ande­re Aus­ga­ben oder Ein­bu­ßen zu, die Ihnen in Ver­bin­dung mit Fol­ge­er­schei­nun­gen durch sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz ent­stan­den sind. Gegen den oder die Täter kön­nen Sie eben­so vorgehen.

Zusammenfassung

Sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz ist ein erns­tes The­ma. Aus Scham und Unkennt­nis schwei­gen vie­le Betrof­fe­ne. Der Arbeit­ge­ber ist ver­pflich­tet, gegen sexu­el­le Beläs­ti­gung am Arbeits­platz vor­zu­ge­hen. Falls nicht, macht er sich eben­so straf­bar wie die eigent­li­chen Täter.

Unter­nimmt der Arbeit­ge­ber nichts, haben Sie das Recht, Ihre Arbeits­leis­tung zu ver­wei­gern. Der Arbeit­ge­ber muss Sie voll bezah­len. Sie kön­nen ihn im äußers­ten Fall auf Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld verklagen.

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