Wie man seinen neuen Lebensabschnitt ohne Tief gestalten kann

Die Eine oder der Ande­re, jetzt selbst den Ruhe­stand vor Augen, erin­nert sich noch an einen Kino­hit von 1991: Pap­pa ante por­tas, ein Film von und mit Lori­ot. In tra­gi­ko­mi­scher Art zeig­te der Film einen Mann, der nicht auf­hö­ren kann: Als ehe­ma­li­ger Abtei­lungs­lei­ter nimmt er nun zu Hau­se, sehr zum Leid­we­sen sei­ner Frau, mit buch­hal­te­ri­scher Zwang­haf­tig­keit die Orga­ni­sa­ti­on des häus­li­chen Lebens in die Hand.

Man­ches Äußer­li­che mag ver­al­tet sein, das The­ma ist immer noch sehr aktu­ell: Wie gelingt der Über­gang vom Arbeits­le­ben in den Ruhe­stand zur Zufrie­den­heit aller Beteiligten?

Ruhesstand will geplant sein

Für Frau­en scheint es leich­ter: Sie sind Dop­pel­rol­len und Rol­len­wech­sel gewöhnt. Oft haben sie wegen Kin­der­zeit schon ein­mal Abstand vom Beruf genom­men. Auch haben sie eher sozia­le Kon­tak­te gepflegt.

Für jemand, der Jahr­zehn­te nur den Beruf gelebt hat, wird der Absprung schwer. Das sind eher Män­ner, kön­nen heu­te aber auch kar­rie­re­ori­en­tier­te Frau­en sein. Vie­le Volks­hoch­schu­len beden­ken die­ses The­ma und bie­ten Kur­se zur Vor­be­rei­tung des Ruhe­stan­des an. Und offen­sicht­lich sind sie gefragt.

Zu lernen gibt es so Einiges:

  • Sozia­le Kon­tak­te inten­si­vie­ren oder neu aufbauen
  • Kon­tak­te zu Gleich­ge­sinn­ten suchen
  • Hob­bies (re)aktivieren
  • sich eine Auf­ga­be suchen wie ein Ehren­amt oder Vereinsarbeit
  • etwas Neu­es ler­nen (Hand­werk, Kunst, Spra­che, Sport, Spiel usw.)
  • einen alten Traum erin­nern und wahr wer­den lassen

Die Lis­te lie­ße sich noch verlängern.

Langsamer Ausstieg mit Altersteilzeitmodell

Wich­tig auch: Schon vor dem Ruhe­stand, wenn mög­lich, lang­sam weni­ger arbei­ten, etwa durch das Alters­teil­zeit­mo­dell. Der Über­gang wird so leich­ter fallen.

Um dann ähn­li­che Kon­flik­te wie in Lori­ots Film zu ver­mei­den, soll­ten Part­ne­rin oder Part­ner in Über­le­gun­gen und Pla­nung mit ein­be­zo­gen wer­den. Für eine Bezie­hung ist der Ruhe­stand eines oder bei­der Part­ner eine Herausforderung.

Ähn­lich wie für Eltern, deren Kin­der das Haus ver­las­sen, bekommt die Bezie­hung eine neue Dyna­mik. Dies kann eine wun­der­ba­re Lebens­pha­se ein­läu­ten – oder und nicht sel­ten zur Schei­dung führen.

Vom Arbeitsleben wirklich Abschied nehmen …

Los­las­sen ist eine der schwers­ten Auf­ga­ben in unse­rer Zeit. Am stärks­ten bemer­ken wir das ange­sichts der Hilf­lo­sig­keit im Umgang mit dem Ster­ben ande­rer und in Hin­sicht auf den eige­nen Tod.

Es ist wich­tig, den Ein­tritt in den Ruhe­stand zu einem Ereig­nis und spür- und erleb­ba­ren Über­gang zu machen.

Auch wenn es schwer­fällt, wer durch fol­gen­de Pha­sen geht, wird am Ende belohnt:

  • Bilanz zie­hen ist wich­tig – ehr­lich und emotional.
  • Was trau­rig ist, kann und darf beweint werden.
  • Was schön und lebens­wert war, darf erzählt, belacht und gefei­ert werden.
  • Kol­le­gen und Kol­le­gin­nen sind kei­ne Freun­de – und wer­den es nur sehr selten.
  • Daher Abschied neh­men: Wenn man sich wie­der­sieht, wird es ganz anders sein.
  • Was noch gesagt oder geklärt wer­den will am Arbeits­platz soll­te gesagt oder geklärt werden.
  • Mit einem Freund dar­über spre­chen oder ein, zwei Ter­mi­ne bei einem Coach kön­nen sehr hilf­reich sein.

Manch­mal ent­deckt man auch noch etwas, was man unbe­dingt noch bei der Arbeit ein­mal machen wollte:

  • den Scan­ner bedie­nen lernen
  • vor allen einen klei­nen Vor­trag halten
  • ein­mal mit dem Fahr­rad zur Arbeit fahren
  • bei der Weih­nachts­fei­er Karao­ke singen …

Auch das gehört zum Abschied dazu. Es schlägt aber bereits eine Brü­cke in das unbe­kann­te Neue …

… und dann hinein ins Renten- Abenteuer

Jetzt kann es wirk­lich auch ganz leicht wer­den. Die Pla­nung dien­te dazu, sich emo­tio­nal dem The­ma zu stel­len, sich vor­zu­be­rei­ten und ehr­lich zu sein. Zu sich selbst und zu den ande­ren. Ab jetzt kann der Mensch im Ruhe­stand sich auch ein­mal Zeit las­sen. Denn jeder Wech­sel und Über­gang braucht Zeit. Das Alte wirkt noch nach und das Neue wächst erst lang­sam empor.

Wenn man das Gefühl hat, dass einem der Tag ent­glei­tet, ist es gut, sich durch Pla­nung und einen Kalen­der eine Tages- und Wochen­struk­tur zu geben.
Even­tu­ell ist es hilf­reich, die neue Epo­che des Ruhe­stan­des deut­lich sicht­bar zu machen:

Für man­che ist jetzt ein guter Zeit­punkt für einen neu­en Klei­der­look. Eine neue Haar- oder Bart­tracht for­dert her­aus – sich selbst und ande­re. Das Auto ein­tau­schen für ein Motor­rad oder ein Wohnmobil.

Sehr wichtig ist, eine gute Balance zu finden

  • Wann passt Ruhe und wann Aktivität?
  • Wann tut es gut, Neu­es zu tun und wann macht es Spaß, in Nost­al­gie zu schwelgen?
  • Wann will man sozia­le Kon­tak­te und wann ist man ger­ne allei­ne oder als Paar nur für sich?

Manch­mal gera­ten Ruhe­ständ­ler in einen Sog von neu­en Verpflichtungen:
Sie haben ja Zeit und kön­nen auf die Enkel auf­pas­sen, Hun­de aus­füh­ren, eine Woh­nung ein­hü­ten und Blu­men gie­ßen, beim Haus­bau mit­hel­fen … Hier heißt es früh Gren­zen set­zen: Die neue Frei­heit wird sonst schnell zur Pflichtveranstaltung.

Goldener Herbst – ein Fazit

Der Ruhe­stand kommt nicht über­ra­schend – wenn man offe­nen Auges und geplant auf ihn zu lebt. Der Wech­sel in eine neue Epo­che ist wie ein Umzug: Gute Gele­gen­heit, klar Schiff zu machen.

Wo Gewohn­heit weg­fällt, kann wohl­tu­en­de Frei­heit ent­ste­hen. Der Lebens­herbst hat schon vie­le Men­schen zu beein­dru­cken­den Ein­sich­ten und Hand­lun­gen inspi­riert. Her­mann Hes­se schrieb in sei­nem pas­sen­den und zeit­lo­sen Gedicht “Stu­fen”: Wohl­an denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.

Wenn es Ihnen nach wie vor beruf­lich in den Fin­gern juckt, steht Ihnen natür­lich das Arbei­ten im Alter natür­lich auch frei. Es herrscht fak­tisch über­all Fach­kräf­te­man­gel und es wer­de gera­de erfah­re­ne Mit­ar­bei­ter hän­de­rin­gend gesucht.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein