Wie kann dem Fachkräftemangel in Handwerksberufen entgegengewirkt werden?

Die deut­sche Wirt­schaft boomt seit eini­gen Jah­ren, vor allem die Bau­bran­che ver­zeich­net mas­si­ve Umsatz­stei­ge­run­gen. Hand­wer­ker freu­en sich über vol­le Auf­trags­bü­cher und die Gesell­schaft über die nied­rigs­te Arbeits­lo­sen­quo­te seit der Wiedervereinigung.

Doch die­se Ent­wick­lung führt zu einem gra­vie­ren­den Pro­blem: Es fehlt an Fach­kräf­ten. Dar­un­ter lei­den vie­le Bran­chen. Das Hand­werk sieht sich damit in beson­de­rem Maß konfrontiert.

In die­sem Job­rat­ge­ber beschäf­ti­gen wir uns mit dem The­ma Fach­kräf­te­man­gel im Hand­werk und was dage­gen getan wer­den kann.

Fachkräftemangel bremst Wirtschaftswachstum

Das Feh­len an qua­li­fi­zier­ten Mit­ar­bei­tern in Indus­trie und Hand­werk, erweist sich zuneh­mend als Wachs­tums­hemm­nis. Bau­fir­men und Hand­wer­ker müs­sen Auf­trags­an­ge­bo­te ablehnen.

Sie ver­pas­sen auf­grund zu gerin­ger Kapa­zi­tä­ten Umsät­ze, das scha­det der Volks­wirt­schaft. In der Bau­bran­che kom­men wei­te­re Pro­ble­ma­ti­ken hin­zu: Ange­sichts wach­sen­der Bevöl­ke­rungs­zah­len ins­be­son­de­re in Groß­städ­ten und in Metro­pol­re­gio­nen bedarf es drin­gend neu­er Wohnungen.

Zugleich will der Staat öffent­li­che Gebäu­de sanie­ren und die Infra­struk­tur aus­bau­en. Dazu braucht es Hand­wer­ker. Ein Mehr an Fach­kräf­ten ist des­halb im Inter­es­se aller. Der aktu­el­le Bedarf an Hand­wer­kern ist rie­sig. Der Zen­tral­ver­band des Deut­schen Hand­werks (ZDH) spricht von 250.000 unbe­setz­ten Stellen.

Gründe für den Fachkräftemangel in Handwerksberufen

Die Grün­de für den Fach­kräf­te­man­gel im Hand­werk sind viel­fäl­tig. Die wich­tigs­ten Ursa­chen im Überblick:

  • Demo­gra­fi­scher Wandel:
    Gebur­ten­star­ke Jahr­gän­ge errei­chen das Ren­ten­al­ter, zu wenig jun­ge Men­schen star­ten ins Berufsleben.
  • Stark wach­sen­de Nachfrage:
    Die Nied­rig­zins­po­li­tik der Euro­päi­schen Zen­tral­bank führt zu einer hohen Attrak­ti­vi­tät von Immo­bi­li­en­in­vest­ments. Zusätz­lich hat der Staat die Infra­struk­tur­ab­ga­ben deut­lich erhöht. Eine stei­gen­de Nach­fra­ge trifft auf den Fach­kräf­te­man­gel in der Baubranche.
  • Leer gefeg­ter Arbeitsmarkt:
    Unter­neh­men unter­schied­li­cher Bran­chen rin­gen um die Gunst von Bewer­bern. Die Kon­kur­renz ist hart, die Nach­fra­ge nach Arbeits­plät­zen im Hand­werk über­schau­bar. So blei­ben vie­le Lehr­stel­len und Arbeits­stel­len unbesetzt.

Lösungsansätze für mehr qualifizierte Handwerker

Der ZDH als Ver­tre­tung der Hand­wer­ker, die ein­zel­nen Unter­neh­mer und die Poli­tik machen sich inten­siv Gedan­ken über den Fach­kräf­te­man­gel. Ers­te Maß­nah­men sind bereits erfolgt. Grund­sätz­lich kris­tal­li­sie­ren sich die­se Ansät­ze heraus:

  • mehr Zuwan­de­rung von geschul­ten Hand­wer­kern aus dem Ausland
  • bes­se­re Ver­mitt­lung und Qua­li­fi­zie­rung von Arbeitslosen
  • Pro­fes­sio­na­li­sie­rung der Personalrekrutierung

Die ers­ten bei­den Vor­schlä­ge kom­men allen Fach­be­trie­ben zugu­te. Beim drit­ten Punkt geht es auch um die Kon­kur­renz zwi­schen den Hand­wer­kern. Wer Kon­zep­te für eine moder­ne Per­so­nal­ge­win­nung umsetzt, ist im Ver­gleich mit Mit­be­wer­bern im Vorteil.

Das gilt für die Mit­ar­bei­ter­bin­dung eben­so. Unter­neh­men müs­sen nicht nur offe­ne Stel­len beset­zen, zugleich müs­sen sie vor­han­de­ne Beschäf­tig­te an ihren Betrieb bin­den. Ansons­ten erhöht sich die Per­so­nal­not zusätzlich.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz als erster Schritt

Bei einer Schluss­fol­ge­rung herrscht bei allen Akteu­ren Einig­keit: Ange­sichts der nied­ri­gen Arbeits­lo­sig­keit in Deutsch­land reicht der Blick auf den hei­mi­schen Arbeits­markt nicht aus, Unter­neh­men müs­sen Fach­kräf­te aus dem Aus­land gewinnen.

Auch der EU-Bin­nen­markt mit sei­ner Frei­zü­gig­keit für Arbeit­neh­mer genügt nicht. Den Man­gel min­dert das Hand­werk aus­schließ­lich mit geschul­ten Mit­ar­bei­tern aus Nicht-EU-Staa­ten. Des­we­gen begrüßt Hans-Peter Wohl­fei­ler als Prä­si­dent des ZDH das Fach­kräf­te­ein­wan­de­rungs­ge­setz der Bun­des­re­gie­rung aus­drück­lich. Es tritt am 01. März 2020 in Kraft.

Das Gesetz erleich­tert durch meh­re­re Ver­bes­se­run­gen das Anwer­ben von Nicht-EU-Aus­län­dern. Zen­tral ist die Abschaf­fung der Vor­rang­prü­fung. Bis­her muss­ten Arbeit­ge­ber umständ­lich nach­wei­sen, dass sich für eine Stel­le kein Deut­scher und kein EU-Bür­ger eig­net. Der Gesetz­ge­ber streicht die­se Hür­de nun ersatzlos.

Zudem beschränk­te sich die Mög­lich­keit der Arbeits­im­mi­gra­ti­on bis­her auf Man­gel­be­ru­fe, die­se Beschrän­kung hebt der Staat eben­falls auf.

Ein wei­te­rer Plus­punkt: Ab März dür­fen Nicht-EU-Aus­län­der zur Arbeits­su­che nach Deutsch­land ein­rei­sen, wenn sie aus­rei­chend finan­zi­el­le Mit­tel und deut­sche Sprach­kennt­nis­se auf­wei­sen. Bis dato muss­ten sie einen unter­schrie­be­nen Arbeits­ver­trag vorlegen.

Qualifizierung von inländischen Arbeitslosen forcieren

Die Arbeits­lo­sen­zahl ist mit durch­schnitt­lich 2,27 Mil­lio­nen 2019 nied­rig, den­noch fra­gen sich man­che: War­um kann das Hand­werk nicht bei den immer­hin mehr als zwei Mil­lio­nen Arbeit­su­chen­den mehr Fach­kräf­te gewin­nen? Das schei­tert momen­tan an zwei Punkten:

  1. In vie­len Fäl­len man­gelt es an der not­wen­di­gen Qua­li­fi­ka­ti­on, vor allem Lang­zeit­ar­beits­lo­se sind aus unter­schied­li­chen Grün­den gene­rell schwer vermittelbar.
  2. Arbeits­lo­se und offe­ne Stel­len sind regio­nal unter­schied­lich ver­teilt, die ört­li­che Fle­xi­bi­li­tät ist zum Bei­spiel auf­grund fami­liä­rer Ver­pflich­tun­gen begrenzt.

Exper­ten for­dern deut­lich mehr Bemü­hun­gen, Beschäf­ti­gungs­lo­se zu qua­li­fi­zie­ren und mit För­de­run­gen in Jobs zu ver­mit­teln. Mit dem Teil­ha­be­chan­cen­ge­setz hat Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter Hubert Heil einen Akzent gesetzt. Der Staat zahlt bei Lang­zeit­ar­beits­lo­sen mit einer Arbeits­lo­sig­keit von mehr als zwei Jah­ren Lohn­zu­schüs­se zwi­schen 75 und 100 %. Auf die­sem Weg konn­ten die Agen­tu­ren für Arbeit im ers­ten Jahr immer­hin 42.000 Lang­zeit­ar­beits­lo­se in Fir­men diver­ser Bran­chen unterbringen.

Professionelle Personalrekrutierung, attraktive Arbeitsbedingungen

Vie­le Hand­wer­ker set­zen unter­schied­li­che Instru­men­te ein, um ihren Fach­kräf­te­be­darf zu decken. Ver­brei­tet ist die Anwer­bung aus­län­di­scher Mit­ar­bei­ter über Personaldienstleister.

Inlän­di­sche und aus­län­di­sche Leih­ar­bei­ter stel­len ein wei­te­res Mit­tel dar, mit dem Unter­neh­men ihre per­so­nel­len Kapa­zi­tä­ten sai­so­nal ver­grö­ßern. Bei den Arbeits­be­din­gun­gen haben zahl­rei­che Betrie­be eben­falls nach­ge­bes­sert, sie locken zum Bei­spiel mit über­ta­rif­li­cher Bezah­lung, Extras wie Urlaubs­geld und Prä­mi­en für beson­de­re Arbeitsleistungen.

Aller­dings gibt es in eini­gen Berei­chen Luft nach oben. Die meis­ten Hand­wer­ker las­sen eine klu­ge Online-Per­so­nal­re­kru­tie­rung ver­mis­sen. Dadurch ent­ge­hen ihnen Chan­cen auf neu­es Per­so­nal. Heut­zu­ta­ge reicht es nicht mehr, in Zei­tun­gen Annon­cen zu schal­ten und auf Azu­bi-Mes­sen Prä­senz zu zeigen.

Statt­des­sen emp­feh­len sich anspre­chen­de Auf­trit­te auf allen Online-Stel­len­bör­sen und eine infor­ma­ti­ve und für Such­ma­schi­nen opti­mier­te Home­page inklu­si­ve Stel­len­aus­schrei­bun­gen. Zudem soll­ten Hand­wer­ker kon­se­quent die Poten­zia­le von sozia­len Netz­wer­ken ausschöpfen.

Fazit: Bündel an Maßnahmen verspricht mehr Fachkräfte

Der Fach­kräf­te­man­gel beruht auf man­nig­fal­ti­gen Ursa­chen, ein Patent­re­zept für die­ses tief grei­fen­de Pro­blem gibt es nicht. Nur ein Mix aus zahl­rei­chen Instru­men­ten ent­spannt die Lage am Arbeitsmarkt.

Das Fach­kräf­te­ein­wan­de­rungs­ge­setz kann zur Lösung bei­tra­gen, aber auch wei­te­re Maß­nah­men wie Qua­li­fi­zie­rungs­of­fen­si­ven und ver­stärk­te Anstren­gun­gen der Fach­be­trie­be sind vonnöten.

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